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Daisy, nur eine lahme Ente?

Oder: Ausgerutscht: Das Schnee-Chaos, das keines war.

So und ähnlich lauteten die heutigen Zeitungs- und Fernsehmeldungen. Das Mittelmeertief Daisy hatte Europa lang im Griff und watschelte von Süd (Gibraltar, Balearen, Südfrankreich) über die Ligurien und die Julischen Alpen nach Nordost (Slowakei, Tschechien, Polen, Ostsee).
In diesen Gebieten gab es starken Schneefall, Sturmböen, meterhohe Wellen, Eisregen und extreme Schneeverwehungen. Derzeit sind in Polen 80.000 Menschen ohne Strom, England erlebt die größte Kälteperiode seit 30 Jahren, europaweit war und ist der Flugverkehr stark eingeschränkt (Streichung unzähliger Flüge in Dublin, London Gatwick, Luton und Heathrow, Frankfurt, Belfast und Madrid), Verkehrsnotstand herrscht in Tschechien und Dänemark, Streusalzmangel in Frankreich und Deutschland, ... (derstandard.at). Das klingt nicht wirklich nach einem 'lahmen Tief'. Warum titeln dann die österreichischen Medien derart unmutig?

Der Grund liegt darin, dass Österreich im Vergleich zu den ausgegeben Warnungen leer ausging. Letzte Woche Mittwoch wurde von der ZAMG für Kärnten, Südoststeiermark bis Graz, das Burgenland, Wien und einen Großteil Niederösterreichs die Warnstufe rot gegeben. Die höchste Warnstufe für "sehr gefährliches Wetter und ein sehr intensives meteorologischen Ereignis" (weitere Erklärung hier).

Sehr gefährlich deshalb, weil im größten Ballungszentrum Österreichs mit 40 cm Neuschnee gerechnet wurde (manche Medien machten daraus 60 oder gar 80 cm Neuschnee - wo diese genau fallen sollen wurde nicht berichtet). Im letzten Blog hatte ich ja die prognostitierten Niederschlagsmengen für Österreich gepostet (Donnerstag 06 bis Montag 06 UTC).

Die erwarteten 40 cm fielen nicht. Sie fielen nicht in Wien. 40 cm hätten sicher ein Chaos angerichtet. Die 28 mm Niederschlag von Freitag, Samstag und Sonntag wurden von den Niederschlagsmessern als Regen oder gefrierender Regen aufgezeichnet. Die Schneemengen von10 cm (vom Dreikönigstag) schrumpften unter Plusgraden auf inzwischen 8 cm zusammen (Wien - Hohe Warte). Etwas weiter nördlich wiederum (in Retz) liegen allerdings noch 23 cm.
In einer ersten Aussendung meint die ZAMG, dass "der Schneefall am Wochenende nur 40 km zu weit im Norden war".

Außerdem spricht man von einem "Modellfehler von 1 - 2 °C". Was dieser ausgemacht hat ist in den Soundings von Wien zu sehen. Die Warmfront aus Süden geht mit einer Warmluftadvektion in etwa 1400 m über 0°C einher. Ein ganz seichte Schicht, in der der darüber entstehende Schnee schmilzt. Diese Schicht hielt sich hartnäckig bis zum Ende der Niederschlagsperiode. Als es schließlich in der Höhe wieder kälter wurde (durch die einsickernde Kaltluft aus West) war es zu trocken (Sonntag).


Abb. 1: Radiosondenaufstieg von Wien (Hohe Warte) vom Samstag 09/01/2010 um 12 UTC

Es waren also Nuancen,die zwischen Regen und Schnee, Katastrophe und 'mildem Winterwetter' unterschieen. Solche geringen Abweichungen gehören zu den Unsicherheiten der Wetterprognose. Dennoch haben die Warnungen dazu beigetragen, dass alle gut vorbereitet waren (Autofahrer, Straßenmeistereien) und es in Österreich keine gröberen Zwischenfälle gab.
Es gab immerhin Eisregen in Wien und im Umland.

Aber: Waren die Warnungen zu hoch (hier eine analyse der MeteoGroup-Deutschland)? Wurde zu Recht die schlimmste Warnstufe ausgerufen? Oder war die Vorberichterstattung einfach nur übertrieben? "Rote Schneewarnung (standard.at, orf.at, Kurier, 06./07.01), Schnee - Alarm (Österreich 06.01.), Stellenweise 80 cm Neuschnee (ATV 06.01.) ?

Es ist ein wirkliches Jein. Schreit der Bub zu oft "Achtung, ein Wolf!" hört keiner mehr auf ihn. Kommt der Wolf wirklich, wurde gut gewarnt (sofern die Schafe von der Weide geholt wurden) und alle sind zufrieden. Kommt der Schneewolf trotz Warnung nicht, dann steigt der Unmut unter den Bauern und würden dem Knaben gerne an die Gurgel gehen.

Der Wolf war also da - nur er biss nicht zu. Er verzog sich zu den Nachbarn (Deutschland, Südtschechien, Polen) und riss dort ein paar Schafe.

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