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Geschichte der Meteorologie in Innsbruck

Das Institut für Meteorologie und Geophysik Innsbruck – eine Historie
(erstellt im Herbst 2008 für die damalige Studentenhomepage, aktualisiert im April 2010)


Einleitende Worte

Die Meteorologie hat in Innsbruck eine lange Tradition. Zeichnet sich Innsbruck einerseits durch seine Lage inmitten des Inntales durch besondere Witterungsverhältnisse aus, so es ist zusätzlich die besondere Orographie, die das Wetter bestimmt. Einerseits dringen über die bis zu 2800 m hohen Karwendelketten im Norden keine Kaltfronten nach Innsbruck durch, andererseits ist die Lage am Ende des Wipptales, welches normal zum Alpenhauptkamm verläuft, besonders begünstigend für Föhnereignisse jeglicher Art. Das heutige Wissen über Klimatologie, Glaziologie und Meteorologie im Raum Tirol ist eng mit dem Institut für Meteorologie und Geophysik verbunden und hat sich im Laufe vieler Jahrzehnte entwickelt.
Welches war die meistbesuchte Vorlesung über Meteorologie 1890? Welchen Zusammenhang gibt es zwischen unserem Institut und der Polarfronttheorie von Bjerknes? Welches ist der am besten untersuchte Gletscher in den Alpen? Was hat ein Dinosaurier mit Gebirgsüberströmung zu tun? Um diese Fragen zu beantworten gilt es einen zeitliche Sprung in das späte 18. Jahrhundert zu machen:

Der Beginn einer Messreihe und laufende Umzüge

Franz von Zallinger (1743-1828),
Quelle: Innsbrucker Chronik,
Band I Historische Chronik, Konrad Fischnaler, 1929
Die ersten Innsbrucker Temperatur-messungen gibt es ab 1777 durch den Jesuitenpater und Professor für Mathematik und Physik Franz von Zallinger. Zweimal täglich führt er Beobachtungen durch, mit dem Ziel Temperaturminimum und -maximum aufzuzeichnen. Zeitgleich gibt es durch Aloys Trabucco, Professor der Anatomie, erste Aufzeichnungen über den Wetterverlauf, Druckentwicklung und Wind.
Die bis dato 50jährige Temperaturreihe wird nach dem Tod von Zallingers (1828) weitergeführt, allerdings mit mehreren Stationswechseln und auch kurzen Unterbrechungen.
Die Entwicklung der wissenschaftlichen Betrachtung der Meteorologie findet an den Universitäten nur im Fall von Einzelvorlesungen an anderen Instituten statt. (Astronomie: Höhenmessung mit dem Barometer 1851; Experimentalphysik: Meteorologie, 1880 [14 Hörer]). Einzig die Vorlesung „Moderne Witterungsprognose“ (1881) kann sich aus mangelndem Interesse nicht durchsetzen. Mit der Etablierung der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften 1847 gelingt es, den Sektor der geophysikalischen und meteorologischen Disziplinen voranzutreiben.
Heutiger Standort des ersten Observatoriums (Quelle: Diplomarbeit A. Stütz 2006)
Wenige Jahre nach der Meteorologischen Zentralanstalt in Wien im Jahre 1851 wird 1865 die Österreichische Gesellschaft für Meteorologie gegründet.
1890 folgt in Innsbruck die Schaffung des heutigen Instituts für Meteorologie und Geophysik unter dem Namen Kosmische Physik. Gleichzeitig wird ein Observatorium für meteorologische Beobachtungen gebaut, welches sich im botanischen Garten der damaligen alten Universität befindet (heutige Angerzellgasse). 1906 wird der Standort in den Hof (unter einem Dach) der Schöpfstraße 41 verlegt.
In Tabelle 1 sind eine Auswahl der ersten Vorlesungen sowie deren Hörerzahlen aufgelistet.


Wintersemester 1890/91:
Sommersemester 1891:
Wintersemester 1891/92:
Kosmische Physik: 8 Hörer.
Meteorologische Strahlungslehre: 6 Hörer.
Astrophysik: 7 Hörer.
Wetterprognose: 23 Hörer.

Klimatologie: 12 Hörer.


Meteorologische Optik: 4 Hörer.
 Tab. 1: Auswahl an Vorlesungen und Hörerzahlen in den ersten Jahren des Instituts für Kosmische Physik.

Leiter der Vorlesungen und des Instituts ist Josef Maria Pernter (1890–1897), gebürtiger Südtiroler, der anschließend Leiter der Meteorologischen Zentralanstalt in Wien wird. Er verfasst 1902 mit Felix M. Exner zusammen „Meteorologische Optik“, das in den kommenden Jahren als das Standardwerk auf diesem Gebiet gilt. Weitere Arbeiten Pernters sind u.a. „Optische Erscheinungen in Folge des Krakatau – Ausbruches 1883“ und Theorien über den Regenbogen und Dämmerungserscheinungen. Ihm folgt Paul Czermak nach (1897–1901), der sich mehr mit theoretischen Themen befasst wie z.B. über die Maxwell'sche Gastheorie, oder das Elektrisches Verhalten des Quarzes.


Erste Föhnstudien und ein Durchbruch



Heinrich von Ficker (1881 - 1957)
Eine wichtige Rolle für die Forschung in Innsbruck spielen zwei Schüler von Wilhelm Trabert (1902–1909): Albert Defant promovierte 1906 mit seiner Dissertation über „Gesetzmäßigkeiten in der Verteilung der verschiedenen Tropfengrößen bei Regenfällen.“ Der zweite, Heinrich von Ficker promoviert in dem selben Jahr mit der Arbeit „Innsbrucker Föhnstudien“ (Messwerte durch Ballonaufstiege) und habilitert 3 Jahre später mit einer Arbeit über den „Transport kalter Luftmassen“ (1909). Diese ist entscheidend für die Entwicklung der Frontentheorie von Bjerknes, wie in Steinhauser (1957) zu lesen ist:
[...] schon bei der Untersuchung des Transports kalter Luftmassen über den Zentralalpenkamm konnte Ficker zeigen, dass diese Kaltlufteinbrüche keilförmig in Form einer Bö erfolgen, und er konnte sogar den Neigungswinkel der Grenzfläche dieser Luftmasse bestimmen. Damit war eine Vorstellung gewonnen, die in der späteren Frontentheorie der norwegischen Schule von maßgebender Bedeutung wurde. Noch mehr wurde das frontartige Vordringen verschiedener Luftmassen durch die Untersuchung der Ausbreitung von Wärme- und Kältewellen über Eurasien klargelegt, und Ficker hat in dieser Arbeit, bereits zehn Jahre vor der Schaffung der Polarfronttheorie durch Bjerknes, Fronten gezeichnet und damit die Frontenvorstellung vorweggenommen, ohne allerdings den Ausdruck 'Front' zu gebrauchen. [...]“

Untersuchungen zur Entwicklung des Luftdrucks (H.v.Ficker)
Stark beeinflusst wird er in seinem Schaffen durch Max Margules, theoretischer Physiker an der Zentralanstalt in Wien. Julius Hann (Professor für kosmische Physik an der Universität Wien und Direktor an der Zentralanstalt) ist es, der ihn dazu bewegt sich auch mit Klimatologie zu beschäftigen. Sein Werk „Klimatographie von Tirol und Vorarlberg“, 1909) ist in dieser Hinsicht die erste umfassende Klimabeschreibung für Tirol. Selbst in russischer Kriegsgefangenschaft während des Ersten Weltkriegs stellt er Untersuchungen über die Veränderlichkeiten des Luftdrucks und der Temperatur in Russland an. Von Ficker selbst übernimmt dann eine Stelle in Berlin und wird schließlich Direktor der Meteorologischen Zentralanstalt (1937).

In Innsbruck wird indessen Felix Maria Exner (1910 – 1919) Professor (Dissertation in Wien: „Messungen der Temperaturschwankungen in verschiedenen Tiefen des Wolfgangssees“, 1900). Sein Schwerpunkt liegt in der Verbesserung von Wettervorhersagetechniken, was auch diese Auswahl seiner weiteren Arbeiten zeigt: „Versuch einer Berechnung der Luftdruckänderungen von einem Tag zum nächsten“ (1902) und „Über eine erste Annäherung zur Vorausberechnung synoptischer Wetterkarten“ (1908). Er versucht herauszufinden ob die Strömungen, ausgelöst durch die Luftdruckverteilung, für die nächsten Tage berechenbar sind. Ausgehend von den hydrodynamischen Grundgleichungen gelangt er zu einer Formel, die die Luftdruckverteilung für die folgenden 24 Stunden berechnen lässt.
Die Verifikation ergab eine 70% Übereinstimmung zwischen Berechnung und Beobachtung. Weiters folgert er, dass die Fortbewegung der Zyklonen dem Temperaturgegensatz der Winde, welche die Depression verursacht, zugrunde liegt.

Albert Defant (1884-1974)
Nach Exners Berufung nach Wien folgt ihm Albert Defant (1919 – 26) nach. Er befasst sich einerseits mit alpinmeteorologischen Themen wie Föhn, Gewitter und Windverhältnissen und andererseits mit allgemeiner Synoptik. Untersuchungen über den Aufbau von Zyklonen und Antizyklonen sowie Schwankungen der allgemeinen Zirkulation bringen ihn 1918 zur Veröffentlichung von „Wetter und Wettervorhersage“. In der zweiten Edition dieses Buches 1926 bringt er noch die gesamte Polarfronttheorie der Norwegerschule mit ein und schafft so ein wichtiges Lehrbuch zur Synoptik. Seine Vielseitigkeit beweist er mit Forschungen im Bereich der Ozeanographie, die mit der Bestellung zum Direktor des Instituts und Museums für Meereskunde in Berlin gipfelt.
Alfred Wegener, von Defant favorisiert, erhält damals beinahe die Stelle in Innsbruck, muss aber aus privaten Gründen absagen.

Seegrube und Hafelekar
Dadurch übernimmt Arthur Wagner (1927 – 1942) den Lehrstuhl in Innsbruck, der quasi als erste Amtshandlung zwei meteorologische Stationen auf dem Patscherkofel und dem Hafelekar errichtet. Dadurch gelangen er und seine Arbeitsgruppe rund um Erwin Ekhart und Kantscheider zu wertvollen Informationen über den Föhn, das Talwindsystem und die Niederschlagsverteilung im Hochgebirge.
Durch die Errichtung der Nordkettenbahn 1928 erreicht man ohne Anstrengung die Station auf 2300 m. Zusätzlich richtet dort 1931 der spätere Nobelpreisträger für Physik Viktor Franz Hess eine Messstelle für kosmische Strahlung ein.
Unter Wagners Leitung gibt es durch seinen Assistenten Erwin Ekhart weitere Untersuchungen zu den „Schwankungen der atmosphärischen Zirkulation in den Jahren 1911 und 1912“ sowie zur „Mechanik des großen Kälteeinbruchs Ende November 1930“.
Hans Ertel (1904-1971)
Durch die Kriegsjahre in Europa müssen viele Wissenschaftler und Meteorologen in diverse militärische Wetterdienste einrücken und können sich nur bedingt ihrer Forschung widmen.
Dem Namensgeber des heutigen Wetterdatenservers des Instituts für Meteorologie, Hans Ertel (1943 – 1945), ist es vorbehalten das Institut für zwei Jahre zu leiten. Der gebürtige Berliner ist vor allem durch seine Untersuchungen zur Hydrodynamik hinlänglich bekannt („Ertelscher Wirbelsatz“). Seit dem Jahr 1942 lautet der Name nicht mehr Institut für Kosmische Physik sondern Institut für Meteorologie und Geophysik.


Vom 2. Weltkrieg in das glaziologische Zeitalter



Herfried Hoinkes (1916-1975)
Albert Defant (1945-1956) kehrt nach dem Zweiten Weltkrieg als Professor und Direktor des Instituts nach Innsbruck zurück und ist für ein Jahr auch Rektor an der Universität. Für seine herausragenden wissenschaftlichen Leistungen erhält er u.a. den Orden „Pour le Merite“. Unter seiner Leitung habilitieren sich 1945 sein Sohn Friedrich Defant sowie Herfried Hoinkes, der elf Jahre später die Leitung des Instituts übernimmt (1956-1975). Bis zu Hoinkes' Habilitation 1949 stehen synoptische Untersuchungen im Vordergrund, anschließend wendet er sich vermehrt der Glazialmeteorologie zu. Er nimmt seit 1938 gemeinsam mit den Mathematikprofessoren Leopold Vietoris und Heinrich Schatz an mehreren Gletschervermessungskampagnen teil. Mit seinen Untersuchungen trägt er wesentlich zur Forschung an der Bestimmung von Wärme- und Massenhaushalt der Gletscher bei. Ab 1952/53 gibt es intensive Messungen am Hintereisferner in den Ötztaler Alpen. Die nunmehr 55jährige Reihe macht den Hintereisferner zu einem der am besten untersuchten Alpengletscher.

Hoinkes nimmt im Zuge des Internationalen Geophysikalischen Jahres (IGY) 1957/58 an einer Antarktis – Expedition teil (Station Little America), zu der er als Folge seiner bahnbrechenden Untersuchungen der Alpengletscher eingeladen wird.
In diese Zeit fällt auch die Habilitation Elmar Reiters, der sich in weiterer Folge durch Arbeiten über den Indischen Monsun aber vor allem die durch die Erforschung der Strahlströme (jet streams) auch international einen Namen macht. 1961 verläßt Reiter Österreich in Richtung USA und begründet das bekannte Department of Atmospheric Science in Fort Collins an der Colorado State University.


1970 zieht ein Teil des Instituts (Dynamik) und mit ihm der Messort für die meteorologischen Aufzeichungen von der Schöpfstraße 41 in die Schöpfstraße 45 (Villa). Die Vorstellungen des
Die Räumlichkeiten in der Schöpfstraße 45.
N
och heute wird im Garten gemessen - offiziell unter dem Namen
Innsbruck - Universität (Foto: alpen.wetter am 17. April 2016)
damaligen Institutsvorstandes Herfried Hoinkes zielten auf die Errichtung eines Departements mit Arbeitsgruppen für Klimatologie, Geophysik, Polarmeteorologie, Satellitenmeteorologie und Theoretischer Meteorologie. Verwirklicht wurde 1971 der Bereich der Theoretische Meteorologie durch die Besetzung mit Helmut Pichler (1971–1997).
Sein Buch „Dynamik der Atmosphäre “ (3 Auflagen: 1983, 1986, 1997) umfasst sämtliche Bereiche des Vorlesungszyklus „Theoretische Meteorologie“ und ist eines der wenigen auf Deutsch verfassten Werke zur Dynamischen Meteorologie. Seine Tätigkeit am Institut schafft die Basis zur synoptischen Ausbildung am Institut für Meteorologie, u.A. zeichnet er für die Ausweitung der Wetterbesprechung verantwortlich.
Im Jahre 1977 folgt die Berufung von Hans-Jürgen Bolle (1977–1986) und damit die Schaffung einer Arbeitsgruppe für Fernerkundung mit intensiven Kontakten zu den großen Forschungsorganisationen wie NASA, ESA oder DLR.

NATWI und GEIWI-Turm
(Foto: alpen.wetter 2008)
Die Glaziologie wird in diesen Jahren ein wichtiges Aushängeschild des Instituts. Kontinuierliche Messungen sowie Forschungen in der Antarktis tragen maßgeblich dazu bei. Seit den 1980er Jahren gibt es eine intensive Zusammenarbeit mit dem Alfred-Wegener Institut und Überwinterungen von insgesamt 8 Innsbrucker Meteorologen (u.a. Friedrich Obleitner, Rudolf Mair, Elisabeth Schlosser).
1981 werden die beiden Türme des Universitätsgebäudes am Innrain 52 eröffnet. Das Institut übersiedelt 1985/86 in die beiden obersten Stockwerke des Bruno Sander Hauses und errichtet am Dach ab 1985 eine Messplattform für Strahlung, Sonnenscheindauer und Wind (ca. 40m über Grund).
Das Projekt „Dynamik alpiner Windsysteme“ (1978–1982), das Ignaz Vergeiner initiierte, liefert wertvolle weil regional sowie zeitlich gut aufgelöste Daten. Viele Erkenntnisse von damals, auch die Weiterführung der klassischen Föhntheorie, tragen zum besseren Verständnis der Windsysteme im Wipp- und Inntal bei.


Die letzten 20 Jahre

Unter die Leitung von Michael Kuhn (1988 – heute) fallen zahlreiche wichtige Projekte, Messkampagnen und die Schaffung von Arbeitsgruppen am Institut. Die Leitung des Instituts wechselte  alle 2 Jahre zwischen Michael Kuhn und Helmut Pichler. Dieser ist Mitglied der Österreichischen Akadamie der Wissenschaften (ÖAW) und von 1982 bis 1990 Mitglied des Scientific Advisory Committee des Europäischen Zentrums für Mittelfristvorhersage (ECMWF).

Ein großes und für mehrere Bereiche (Flugverkehr, Wetterprognose, Föhnforschung, Unwetterentwicklung) wichtiges Programm wird mit MAP (Mesoscale Alpine Programme) 1999 ins Leben gerufen. Die intensive Messperiode (intensive observation period IOP) findet mit Innsbrucker Beteiligung von August bis November 1999 statt. Das gesamte Programm läuft bis 2005 und in ihm sind eine Vielzahl von gebirgsmeteorologischen Projekten untergebracht (Vienna Enhanced Resolution Analysis [VERA], Demonstration of Probabilistic Hydrological and Atmospheric Simulation of flood Events in the Alps [D–PHASE] , Convective and Orographically-induced Precipitation Study [COPS], ...). Die Nachfolge von Helmut Pichler als Professor für Dynamik tritt im Jahr 1997 zunächst als Gastdozent, ab 2002 als Professor, Martin Ehrendorfer an (2002–2007), der mit seinem Wissen über die numerischen Verfahren in Vorhersagemodellen (singuläre Vektoren, Datenassimilierung, Ensemblevorhersagen) sowie seine Kontakten zum ECMWF das Institut für Meteorologie nachhaltig prägt.

Am Institut selbst haben sich im Wesentlichen 4 Arbeitsgruppen herauskristallisiert.

Hintereisferner 2007
(IMGI/J.Abermann)
Eine davon ist „Eis und Klima“, die sich die Untersuchung der Kryosphäre zum Ziel gemacht hat. Massenbilanzbestimmung und Fließgeschwindigkeitsstudien an Kesselwand- und Hintereisferner sind ein Teil, das Modellieren von Abflüssen, Energiebilanzen und Schneeverteilung ein anderer. Unter den Punkt aktiver Gletscherschutz fällt die Möglichkeit das Schmelzen der Gletscherzunge zu vermindern: das Abdecken mit Fleecefolien, das u.a. am Stubaier Gletscher getestet wird. Der Leiter der glaziologischen Arbeitsgruppe, Friedl Obleitner, ist zudem in mehrere Projekte über Arktische Gletscher involviert (vor allem Grönland und Svalbard/Spitzbergen).

Bei Föhn überströmter Alpenhauptkamm
(IMGI/J.Vergeiner)


Die Gruppe „Gebirgsmeteorologie“ unter Georg Mayr untersucht wie das Wetter durch die Berge beeinflusst und verändert wird. Im Mittelpunkt stehen Untersuchungen von Wettererscheinungen (z.B. Starkniederschläge, Hochnebel, Gewitter, Föhn, Bora) aber auch die Entwicklung und Darstellung von Strömungen durch Computermodelle (MM5, RAMS, WRF). Ein, durch den Verkehr naheliegendes Thema, ist die Erforschung der Luftschadstoffe. Im Zuge des internationalen ALPNAP – Projekts (Monitoring and Minimisation of ALPine Noise and Air Pollution) finden dazu im Winter 2005/06 Messungen von Schadstoffen und ihrer Ausbreitung im Tiroler Unterinntal statt. Messungen in der Luft (LIDAR) und am Boden vereinfachen dabei die dreidimensionale Darstellung mikrometeorologischer Vorgänge im komplexen Gelände. Durch die Ähnlichkeit des alpinen Föhns mit den gebirgsinduzierten Leewinden der Rocky Mountains gibt es auch eine Zusammenarbeit mit Forschern der USA. Das Projekt T-REX (Terrain Induced Rotor experiment, Sierra Nevada, USA) untersucht Gebirgsüberströmungen mit starken Wellen, Rotoren und hydraulischen Sprüngen.

Die Beobachtung von Eis und Schnee mittels Satellitentechnik ist die Aufgabe der Gruppe „Fernerkundung“ unter Helmut Rott. Durch die Satellitendaten können Erkenntnisse über Abflussmodelle und Massenbilanzbestimmungen gewonnen werden. Die bevorzugten Beobachtungsziele liegen dabei nicht nur in den Alpen. Auch Gletscher der Antarktis (Larsen Ice Shelf, Dronning Maud Land), Patagoniens (Perrito Moreno) und Islands gehören zum Forschungsbereich. Die internationale Anbindung ist durch die Zusammenarbeit mit weltweiten Instituten (ESA, NASA, NOAA, DLR, AWI) gegeben.

Seit Juni 2010 ist Mathias Rotach als Professor am Institut und führt die Arbeitsgruppe „Dynamik“, die sich in den letzten Jahren vor allem im Bereich der Modellierung etabliert  hat und fest mit der Gebirgsmeteorologie verbunden ist. Der Schweizer war nach seiner Promovierung in Grenzschichtmeteorologie an der ETH in Zürich lange bei der MeteoSchweiz tätig und war dort u.A. Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung (siehe "Neue Gesicher" an der LFU).

Die Folge der intensiven Forschungsarbeit sind auf der eine Seite eine Reihe von Dissertationen und Diplomarbeiten (ca. 15/Jahr) und vor allem wissenschaftliche Veröffentlichungen in renommierten Zeitschriften (Journal of Glaciology, Quarterly Journal of the Royal Meteorological Society, Weather and Forecasting, Journal of Atmospheric Science, Journal of Geophysical Research, Österreichische Beiträge zur Meteorologie und Geophysik, ...). Eine Auflistung sämtlicher Publikationen seit 1993 findet sich auf Internetseite des Instituts und wird derzeit erweitert.

Kleiner Ausblick:
Die Studentenzahlen sind stetig gewachsen und auch durch die Umstellung auf das Bachelor/Master-System im Wintersemester 2007 nicht gesunken. Zur Zeit (Stand Herbst 2008) gibt es rund 150 Meteorologie – Studenten in Innsbruck, die von den Forschungsergebnissen der letzten 100 Jahre profitieren. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Gebirgsmeteorologie mit all seinen Facetten. In den nächsten Jahren wird es weitere Projekte in den Bereichen Synoptischer und Dynamischer Meteorologie, Fernerkundung und Glaziologie geben.
Seit dem Wintersemester 2010  hat sich der Vorlesungsplan des Bachelor/Master-Systems gewandelt, und die Vernetzung zwischen Meteorologie zu seinem Kernfach der Physik wieder hergestellt.

Die Wetterstation im Herzen der Stadt, am Gelände der Schöpfstraße 45 bei der Klinik. Blick nach Süden auf die Wälder rund um Natters und die Nockspitze (Foto: alpen.wetter am 17. April 2016)

Anhang: Die Messorte in Innsbruck seit 1777


# wann wer wo wann genau was
1 1777 – 1784 Zallinger Sillgasse 35 , Nordfenster 4 / 13:30 Tx, Tn, Tm
2 1784 – 1828 Zallinger Sillgasse 35, Westfenster 4 / 13:30 Tx, Tn, Tm
3 1828 – 1872 Prandtner Stift Wilten var. (mor + abd) Tx, Tn, Tm
4 1828 – 1831 Suppan Stadtspital 7 / 17 Tx, Tn, Tm
5 1832 Haidegger unbekannt 7 / 14 / 17 Tx, Tn, Tm
6 1833 – 1845 Böhm unbekannt 7 / 14 / 21 Tx, Tn, Tm
7 1846 – 1864 Mayerhofer Herzog – Friedrich Str. 15, Innenhof 7 / 14 / 21 Tx, Tn, Tm
8 1853 – 1855 ZAMG unbekannt

Tx, Tn, Tm
9 1864 – 1874 Kerner, Zimmeter, Dalla Torre Universitätsstr. 4, Garten 7/14/21 ('64-'70)
6/14/22 ('71-'74)
Tx, Tn, Tm
10 1875 – 1909 Tragseil, Personal KuK Militärspital, Dr. Glatzstraße 8 / 14 / 20 Tx, Tn, Tm
11 1891 – 1906 Institut für Kosmische Physik Universitätsstr. 4, Garten 7 / 14 / 21 T, RF (Thermo- hygrograph)
12 1906 – 1947 Institut für Meteorologie Schöpfstraße 41, Hof 7 / 14 / 21 Thermo-
hygrograph
13 1948 – 1970 Institut für Meteorologie Schöpfstraße 41, Garten 7 / 14 / 21 Thermo-
hygrograph
14 1964 – heute ZAMG Flughafen, Fürstenweg 180



15 1970 – heute Institut für Meteorologie Schöpfstraße 45 (Villa), Garten 7/14/21 (bis '70)
7/14/19
Thermo-
hygrograph
16 1985 – heute Institut für Meteorologie Innrain 52, Dach (40m)

T, p, dd, ff, SSD, R


ab 1992 Institut für Meteorologie Schöpfstraße 45 (Villa), Garten Stundenwerte T, Td, RR


ab 2002 Institut für Meteorologie Schöpfstraße 45 (Villa), Garten Minutenwerte T, Td, RR
Tab. 2: Standorte der meteorologischen Messungen in Innsbruck. Fortlaufende Nummer (#), Jahr der Aufzeichnung und durchführende Person, Ort der Messung und Uhrzeit (MEZ). Parameter: Temperaturmaximum (Tx), Temperaturminimum (Tn), Temperaturmittel (Tm), Relative Feuchte (RF), Druck (p), Windrichtung (dd) und -geschwindigkeit (ff), Niederschlag (RR), Sonnenscheindauer (SSD) und Strahlung (R). -- Stand: 18.11.2008.

Die Wetterstationen in Innsbruck seit 1777 (Quelle: alpen.wetter, Stütz Andreas; Karte: Google 2008)

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