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Zapfige Aussichten

Die heutige Nacht wir ganz schön kalt im Staate Österreich. Oder wie wir Alpenländern zu sagen pflegen: es wird zapfig.


In Lienz wars heute schon zapfig
Wirft man einen Blick auf die Ausgangssituation heute Abend so erkennt man sowohl auf der VERA-Analyse (18z) als auch auf der Analyse von UBIMET (20z), wo sich die derzeitigen Kältepole befinden.

 


Zum einen lagert extrem kalte Luft im Wald- und Weinviertel, die mit dem noch leicht nördliche Wind auch weiter südlich angezapft wird. In Wien ist es bei derzeit -7 (Hohe Warte) bis -3 Grad (City) noch vergleichsweise "mild". Zwerndorf hingegen an der slowakischen Grenze wird heute Nacht wohl die -20 Grad unterscheiten. Aktuell hats es dort -19 Grad bei einem Taupunkt von -20 Grad.

Aber es ist ja nicht nur kalte Luft ...
Ein Grund für die bevorstehende eisige Nacht liegt in dem Hochdruckgebiet VERNON begründet, das sich heute Nacht genau über dem Alpenbogen gelegt hat.


In Hochdruckgebieten sinken die Luftmassen großräumig ab, wie der Querschnitt der Atmosphäre (entlang des 48. Breitengrades zeigt. Die absinkende Luft bewirkt eine Wolkenauflösug in den mittleren Luftschichten, die erste Zutat - eine klare Nacht - ist somit gegeben.





Das heutige Satellitenbild (mittags) zeigt einige Wolken über Europa, aber vielmehr etwas, dass man auf den ersten Blick auch für Wolken hält: nämlich Schnee. Die zahlreichen Mittelmeertiefs sowie die arktische Luft haben für eine größfflächige Schneedecke in Europa gesorgt. Ein gigantischer weißer Körper, der:

  • den wärmenden Bodenwärmestrom unterbindet,
  • langwellig stark auskühlt und
  • somit die Ausstrahlung in der mehreren Stunden andauernden Nacht verstärkt!
 


Die heute Nacht stattfindende Auskühlung ist spannend per se, hat aber auch weitaus gravierende Folgen für die kommenden Tage. Die Kaltluftseen werden morgen tagsüber zwar von der Sonne leicht erhitzt, eine herannahende Warmfront sorgt primär jedoch für eine Erwärmung in der Höhe und teils dichte Cirren und Alto-Bewölkung (Tief LIANE ist auch am Sat-Bild über dem Atlantik zu sehen). Diese beiden Faktoren sorgen aber für eine Verstärkung der Bodeninversion.

Der einzige, der den Kaltluftseen morgen den Garaus machen kann ist ein alter Bekannter.

Morgen Föhn:

Der Grund für die kalten Temperaturen im Osten sind geklärt. Und im Westen? Oft ist ein Hochdruckgebiet ja auch mit Hochnebel verbunden, jedoch dreht die Strömung in der Höhe zunehmend auf Süd.

Der Druckgradient verstärkt sich bereits in der Nacht und sorgt somit für ein verstärktes Ausfließen (vor allem im Inntal), aber auch in den Nord-Süd ausgerichteten Föhnälern (Rheintal, Wipptal, ...). Die Luft sinkt in den Alpentälern ab und wird durch den Schnee noch kälter. Die trockene Luft samt kälterer Taupunkte noch gar nicht miteinbezogen.


Der Föhn wird somit morgen einiges an Kraft aufwenden müssen um bis in die Täler durchzubrechen. Die Antriebsfeder des Föhn (Druckgradient von 10 hPa) sollte aber für einige Täler ausreichen. Normalerweise. Aber die im Tal liegende Kaltluft, gepaart mit der WLA und den Cirren (verminderte Einstrahlung) wird dem liebsten Vorhaben des Föhns (nämlich durchzubrechen) Einhalt gebieten. Man darf gespannt sein ...


Montag gefrierender Regen?
... denn der Sonntagsföhn und die damit erreichten Temperaturen sind ausschlaggebend dafür, ob am Sonntagabend in Vorarlberg und in weiterer Folge Sonntagnacht und Montagfrüh im Oberland, dem Außerfern sowie im Flachgau, Inn- und Mühlviertel gefrierender Regen möglich ist.

Fällt nämlich aus einer kalten Luftschicht Schnee und durchquert auf seiner Reise zum Erdboden eine Luftschicht, die über der Nullgradmarke liegt um kurz vor dem Boden neuerlich in einen Kaltluftsee einzudringen, frieren die Regentropfen am Boden logischerweise an.

Neuerlich hilft ein Querschnitt um die einzelne Luftschichten (die Basiskarten gibts ja nur für die Hauptdruckflächen 300,500,700,850,925) zu analysieren. Und da sieht man es schon :
Am Montag um 12 UTC wird sich voraussichtlich eine warme Luftschicht auf ca 2000 m (800 hPa) einschieben und die darüber gebildeten Schneeflocken zum Schmelzen bringen.
Komplex?
Dazwischen liegt aber eine weitere (meist bedeckte) Nacht, die aber trotz föhniger Bedingungen kalt wird. Somit blicken wir morgen gebannt auf die Föhninseln und warten darauf, dass der Föhn die Kaltluft wegerodiert. Dort wo er das nicht macht, ist am Montag am ehesten mit gefrierendem Regen zu rechnen ...

Bisherige Kälterekorde - Dezember
Von den Kälterkrden für den Monat Dezember sind wir aber noch weit entfernt. Einzig in den in der Tabelle (Top Ten) nicht angeführten Orten (z.B Eisenstadt mit -17,8 Grad) ist eventuell eine Annäherung möglich.


name height  TN  recTime  duration average


1 Hall / Admont 641 -33.0 1939-12-01 00:00:00 70 -17.1
2 Sonnblick 3105 -33.0 1887-12-28 00:00:00 121 -22.6
3 Tamsweg 1025 -32.5 1946-12-01 00:00:00 69 -20.2
4 Graz Thalerhof 347 -30.9 1939-12-01 00:00:00 63 -13.1
5 Aigen/Ennstal 640 -29.8 1973-12-03 00:00:00 51 -18.1
6 Bad Bleiberg 913 -29.5 1939-12-30 00:00:00 64 -14.8
7 Freistadt 549 -29.4 1939-12-01 00:00:00 72 -16.5
8 Ried/Innkreis 431 -29.1 1939-12-01 00:00:00 65 -12.6
9 Kitzbühel 744 -29.0 1962-12-27 00:00:00 54 -15.0
10 Waizenkirchen 370 -29.0 1969-12-22 00:00:00 60 -13.5

# Update 09:30 MEZ: #
Wie erwartet, wurde es heute Nacht zapfig kalt, die Rekordwerte wurden dennoch nicht erreicht. Am kältesten war es in Wr. Neustadt mit -21,9 Grad. Auf den bisherigen Dezember-Rekord, am 01.12.1938 wurden -23,2 Grad gemessen, fehlten somit 1,3 Grad. Aber auch sonst wurden teilwesie die -20 Grad erreicht bzw unterschritten.

1, Wr Neustadt -21,9 Grad
2. Klausen-Leopoldsdorf -20,8
3. Zwettl -20,4
4. Zwerndorf -20,0
5. Gars am Kamp -19,8

Jedoch wurden an den UBIMET-Stationen Kirchberg/Pielach (-16,0) und Haag (NÖ) (-16,9) die bisherigen Dezember-Minima geknackt. Die Stationen stehen jedoch noch nicht allzu viele Jahre dort.

# Update 09:30 MEZ ENDE #

Weihnachtliche Spende
Blogkollege Manfred spendiert, wie ich finde lobensweterer Weise, eine Wetterstation für einen Ort in Österreich. Anmelde- sowie Vergabemodalitäten gibts hier:
http://wetterinfos.blogspot.com/2010/12/jedes-jahr-eine-gute-tat-fur-die.html

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Quellen dieses Blogeintrags:
webcam Lienz: Permedia.at [1]
Analysekarten: VERA-Analyse: IMGW [2]; MSM-Modell (EC) : UBIMET [3]
 Wetterkarten: wetter3.de [5;7;9] / wetterzentrale [4;8]
Satellitenbild: Uni Bern / NOAA: http://saturn.unibe.ch/rsbern/noaa/dw/realtime/index.html [6]
Kälterekorde Dezember: UBIMET/ZAMG 

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