Direkt zum Hauptbereich

Irma, pack schon mal den Schal ein

...oder: Gedanken über die Kälte

Was haben St. Jakob im Defereggen (1390 m) und Vladivostok (40 m) gemein? Genau, sie gelten als Kältepole. Als Eiskasten. Als Rückzugsgebiete von Schneemännern und Polarbären, ...

Aktuelle Temperatur in St. Jakob: -16 Grad (letzte Nacht -13 Grad) - Tendenz sinkend. Wenn alles so kommt, wie geplant werden dort in der Nacht auf Freitag -25 Grad gemessen. Eine klare lange Nacht (18 h Dunkelheit) , kaum Wind, Polarluft und Schneebedeckte Oberflächen sind die Grundvoraussetzungen. Aber dazu noch später. Das Klima im Defereggental ist alpin, würde man sagen. Aufgrund seiner West-Ost-Ausrichtung und seiner Geometrie ist es jahreszeitlich extremen Schwankungen unterworfen: Extrema von +32.1 Grad und −29.8 Grad bedeuten einen potentiellen Jahresgang von 61,9 Grad!

Was erwartet Vladivostok: aktuell -21 Grad, in den kommenden Nächten sind aber bis zu -30 Grad drin. Das erstaunliche an Vladivostok: es liegt auf Meeresniveau und liegt auf dem gleichen Breitengrad wie Florenz. Würde es in der Stadt der Medici so kalt werden, wärs bald vorbei mit der Herrlichkeit des David. Wären -30 Grad in Florenz denkbar? Der Rekord liegt bei -23 Grad im Jänner 1983 (Quelle Wikipedia). Aber gut, es liegt ja auch in einer komplett anderen Klimazone ...

Anders in St. Jakob und Vladivostok: beide liegen in ein und derselben Klimazone: humid kontinental (Mitteltemperatur im Sommer zwischen 21 und 28 Grad, Wintermittel unter -3 Grad) mit mildem Sommer (Dfb). Betrachtet man die Extrema von Vladivostok, so ergibt sich mit +33,6 und -31,4 ein potentieller Jahresgang von 65 Grad!


Weitere Rekorde ...
Der absolute Kälterekord liegt übrigens in der Antarktischen Wüste. In Wostok, einer russischen Forschungsstation (warum die so heißt ...?)  wurden am 21. Juli 1983 - 89,4 Grad gemessen. Der Österreichische Minusrekord liegt bei -37,4 Grad am Sonnblick, allerdings in 3104 m Höhe. Im besiedelten Gebieten liegen die Rekorde deutlich höher:

-36,0 Litschau  (NÖ) 10.02.1956
-33,2 Aspach (OÖ) 08.01.1985
-33.1 Weitra (NÖ) 10.02.1956
-33,0 Hall / Admont (St) 01.12. 1939
-33,0 Zell/See (S) 01.01.1947
-33,0 Zell/See (S) 03.02.1956
-33,0 Waizenkirchen (OÖ) 07.01.1985
-32,0 Tamsweg (S) 03.02.1956
-32,0 Seefeld (T) 02.02.1956
-32,0 Obergurgl (T) 02.02.1956
-31,0 Schoppernau (V) 10.02.1956
-31,0 Sillian (T)01.01.1963
-31,0 Zwettl (NÖ) 11.01.1940

Die Rekorde fielen somit eher im Jänner und Februar, wie auch in diesem Jahr 2010 Ende Jänner: http://alpen-wetter.blogspot.com/2010/01/klirrend-kalt.html.
Zurück zum aktuellen Wetter ...

Nach dem heutigen Schneefall schiebt sich am Donnerstag ein Zwischenhoch über die Alpen. So sich das Hoch auch in der Folgenacht bemerkbar macht (EC) sind in der Nacht auf Freitag verbreitet wieder Minima im zweistelligen Minusbereich zu erwarten (auch in Wien). Im Südwesten sinkt das Thermometer in Richtung -20 Grad. Nach dem GFS rückt die Front aus Nordwesten schon näher (+Genuazyklogenese) und es bleibt deutlich milder. Den Bewohnern im Defereggental wirds egal sein obs -15 oder -25 Grad gibt, der Rekord wird ohnehin nicht gebrochen. ..

Beliebte Posts aus diesem Blog

Tragisches Lawinenunglück

Heute Mittag hat sich ein tödliches Lawinenunglück am Sattelberg ereignet. Regelmäßige Leser dieses BLOGs kennen diesen Berg als Messstation des IMGI und daher als oft zitierte Datenquelle. Für viele Sportbegeisterte ist er aber vor allem der erste Tourenberg der Saison: leicht erreichbar, meist schneesicher und einfach zu begehen. Es ist eigentlich undenkbar, dass dort eine Lawine abgeht. In diesem Fall war der Föhn zumindest mit Schuld an der Tragödie. Im gestrigen zweiten Blogposting erwähnte ich den Föhn der mit 108 km/h Spitze am unweit entfernten Kofel wirksam war. Der Sattelberg weist für heute und gestern Windspitzen bis zu 23,9 m/s (86 km/h) bzw 22,1 m/s (80 km/h) auf. Dadurch wurde das bißchen an Schnee, das gefallen war ziemlich verweht. Am Gipfel des Berges liegen somit praktisch nur mehr Schneereste, während sich hingegen im Luv  der verfrachtete Schnee über den bis dato schlecht verbundenn Triebschnee gelegt hat. Erwähnung fand dies auch im heutigen Lawinenlagebericht

Bodennebel in Innshruck

Bodennebel in Innsbruck ist sehr sehr selten. Bei der Nebelbildung geht es immer darum die bestehende Luftmasse soweit abzukühlen, dass sie den Taupunkt erreicht und kondensiert. Das passiert täglich hundertmal: allerdings in der Atmosphäre als Wolken. Dort reichen Aufwinde (beispielsweise an Berghängen) um Wolken zu bilden. Im Tal entsthet Nebel meist in der Nacht, wenn die dortige Luftmasse über Nacht abgekühlt wurde. Bei sternklarer Nacht und starker Auskühlung doch das beste Rezept, oder? Meist weht in sternklaren Nächten jedoch der Talauswind, der jegliche Nebelbildung unterbindet. Grund für den Talauswind sind Druckunterschiede zwischen Tal und Vorland aufgrund unterschiedlich temperierter Luftmassen. Das heißt nur wenn die Luftmassen im Tal und Vorland ausgeglichen sind, die Druckverteilung also flach ist, weht schwacher Wind im Tal. Und das passierte heute Nacht: Die Hänge sind schneebedeckt, und durch die Schneeschmelze ist die Talatmosphäre feucht. Dazu ist der Himmel aufgelo

Schneerekord in Österreich - oder nicht?

  Die Nordalpen versinken in Schnee. Innerhalb von nur 2 Tagen sind lokal über 150 cm Schnee gefallen. Aber ist das nun Rekord?