Direkt zum Hauptbereich

wenn's bei Plusgraden schneit ...

... ist das kein Aprilscherz!

Eigentlich sollte an dieser Stelle in kleiner Rückblick auf den Winter folgen. Und damit ein Schlußstrich unter diesen gesetzt werden (astronomisch ist das ja seit knapp 2 Wochen der Fall).

Nun hat mich aber das heutige Ereignis aber aus den Socken gehaut: Schneefall bei +3 °C kommt nicht all zu oft vor. Noch dazu gab es Schneeflocken von der Größe eines Toastbrots zu bestaunen. Einer der größten Synoptik-Professoren Innsbrucks (Synoptik, vom griech. sýnopsis (Zusammenschau): in der Meteorologie Lehre der Wetterbeobachtung und -prognose), Reinhold Steinacker, hat in den 1970er Jahren einige Schneefallereignisse (425 um genau zu sein) untersucht und eines festgestellt: Schneefall ist bis zu +6 °C Trocken (oder Absolut-)temperatur möglich - entscheidend ist die gemessene Feuchttemperatur. Die Luft nimmt diese Temperatur an, wenn sämtlicher, darin befindlicher Wasserdampf verdunstet und die Luft somit abkühlt. Bei Feuchttemperaturen bis zu +2°C ist Schneefall möglich. Nun misst eine moderne Wetterstation keine Feuchttemperaur (mehr), das Psychrometer welches dazu befähigt wäre, wurde längst durch einen Taupunktssensor ersetzt. Allerdings liegt die Feuchttemperatur zwischen Taupunkt und Trockentemperatur und kann daher grob abgeschätzt werden (die Berechnung der Feuchttemperatur ist iterativ und eher kompliziert).

Zurück zum Aprilscherz: Als der Schneefall heute einsetzte lag die Absoluttemperatur bei +5 °C und der Taupunkt etwa bei +2 °C. Dann fiel die Temperatur ab wohingegen sich der Taupunkt langsam annäherte (Abb. 1). Überhaupt war der heutige Tag wieder ein meteorologischer Leckerbissen, der anhand der Daten der IMGI - Station anschaulich dastellbar ist - hier in Stichworten:

(a)
08 UTC: Temperaturanstieg auf +5°C, keine Sonneneinstrahlung, mit Drehung des Windes auf Ost auch stärkere Windgeschwindigkeiten
(b)
10 UTC: Einsetzender Niederschlag (Schneeregenschauer) bei drehendem Wind auf Nordwest; Temperatur sinkt schlagartig; Td fallend, aber weiterhin positiv. Druck steigt weiterhin.
12 UTC: größte Niederschlagsraten (5 mm/h), bei abnehmendem Wind, der über Süd auf Ost dreht(laut INCA und Radarbildern kam die Schauerzelle aus Süd).
(c)
13 UTC: Niederschlag endet; Wind dreht auf West (fx bis 7,5 m/s) und die Temperaturkurve steigt wieder an.


Abb. 1.: Stationsverlauf IMGI am 01.04.2010 - modifiziert (c) IMGI



Info (nicht abgebildet):
  • Sattelberg Süd bis 12 UTC (fx 21.2) – mit Drehung auf Nord Absinken der Temperatur von -3 °C auf -8 °C.
  • in Ellbögen kommt die Kaltluft 2 h früher: bis 08 UTC Ausfließen, danach böiges Einfließen (12 UTC: 14,2 m/s).
Hinter der abziehenden Kaltfront haben sich in der labilen Luftmasse einige kleine Schauerzellen entwickelt. Der Meteorologe spricht hier (also vielleicht auch Sven Plöger im Wetter im Ersten heute um 22:45 in der ARD) salopp vom "Streuselkuchen", wenn er das Radarbild beschreibt. Abb. 2 zeigt auch warum. Die Kaltfront befand sich zu diesem Zeitpunkt entlang einer Linie von Salzburg bis Prag.





Abb. 2.: Radarbild von 17:00 MESZ (c) wetteronline.de


Die Aussichten

Mit Drehung der großskaligen Anströmung auf Süd zunächst wieder föhnig bei abnehmendem Schauerisiko. So wie sich das Wetter heute Nachmittag am Genfer See präsentiert hat (Abb. 3) so wird es auch morgen in den Ostalpen: durchaus sonnig mit einigen Cumuli aus der Restfeuchte. Dazu werden einem die frischverschneiten Berge bei Temperaturen im zweistelligen Gradbereich das Gesicht blenden. Aprilwetter wie es im Buche steht!

Abb. 3.: Montreux am Genfer See heute um 15:30 MESZ (c) goldenpass.ch everöffentlicht auf http://www.bildersammlung.ch

Beliebte Posts aus diesem Blog

Tragisches Lawinenunglück

Heute Mittag hat sich ein tödliches Lawinenunglück am Sattelberg ereignet. Regelmäßige Leser dieses BLOGs kennen diesen Berg als Messstation des IMGI und daher als oft zitierte Datenquelle. Für viele Sportbegeisterte ist er aber vor allem der erste Tourenberg der Saison: leicht erreichbar, meist schneesicher und einfach zu begehen. Es ist eigentlich undenkbar, dass dort eine Lawine abgeht. In diesem Fall war der Föhn zumindest mit Schuld an der Tragödie. Im gestrigen zweiten Blogposting erwähnte ich den Föhn der mit 108 km/h Spitze am unweit entfernten Kofel wirksam war. Der Sattelberg weist für heute und gestern Windspitzen bis zu 23,9 m/s (86 km/h) bzw 22,1 m/s (80 km/h) auf. Dadurch wurde das bißchen an Schnee, das gefallen war ziemlich verweht. Am Gipfel des Berges liegen somit praktisch nur mehr Schneereste, während sich hingegen im Luv  der verfrachtete Schnee über den bis dato schlecht verbundenn Triebschnee gelegt hat. Erwähnung fand dies auch im heutigen Lawinenlagebericht

Bodennebel in Innshruck

Bodennebel in Innsbruck ist sehr sehr selten. Bei der Nebelbildung geht es immer darum die bestehende Luftmasse soweit abzukühlen, dass sie den Taupunkt erreicht und kondensiert. Das passiert täglich hundertmal: allerdings in der Atmosphäre als Wolken. Dort reichen Aufwinde (beispielsweise an Berghängen) um Wolken zu bilden. Im Tal entsthet Nebel meist in der Nacht, wenn die dortige Luftmasse über Nacht abgekühlt wurde. Bei sternklarer Nacht und starker Auskühlung doch das beste Rezept, oder? Meist weht in sternklaren Nächten jedoch der Talauswind, der jegliche Nebelbildung unterbindet. Grund für den Talauswind sind Druckunterschiede zwischen Tal und Vorland aufgrund unterschiedlich temperierter Luftmassen. Das heißt nur wenn die Luftmassen im Tal und Vorland ausgeglichen sind, die Druckverteilung also flach ist, weht schwacher Wind im Tal. Und das passierte heute Nacht: Die Hänge sind schneebedeckt, und durch die Schneeschmelze ist die Talatmosphäre feucht. Dazu ist der Himmel aufgelo

Schneerekord in Österreich - oder nicht?

  Die Nordalpen versinken in Schnee. Innerhalb von nur 2 Tagen sind lokal über 150 cm Schnee gefallen. Aber ist das nun Rekord?