(K)ein seltener Anblick waren diese Frühlingsblüher Mitte April im Schnee. Am 13. und 14. April lag in Innsbruck eine messbare Schneedecke, das gab es seit April 2017 nicht mehr. |
Der April 2021 ist zu Ende und damit wieder ein sehr spezieller Monat. Ein Monat mit Schnee, Frost und Graupel. Und wären die wenigen warmen Föhntage zwischendurch und am Ende nicht gewesen, wäre die Bilanz Abweichung noch deutlicher ausgefallen.
Österreichweit war dieser April um 2,7 Grad kälter als das neueste Klimamittel 1990-2020 (ZAMG Histalp Tiefland), das aber schon sehr stark vom Klimawandelt beeinflusst ist. Und der April ist einer der Monate, der am meisten von der Erwärmung betroffen ist. Die letzten Aprilmonate waren allesamt zu warm, 2018 war der überhaupt der zweitwärmste der Messgeschichte.
Der April 2021 war österreichweit der kälteste seit 1997, in Innsbruck der kälteste seit dem Jahr 2001.
Bei all der Diskussion um die Temperaturen rückt der Niederschlag fast ein wenig ins Hintertreffen. Nach dem April 2020 war auch dieser April wieder zu trocken. Und zwar nicht nur 20 oder 30 Prozent, sondern österreichweit - also über das ganze Land gemittelt - um 46 %. Es ist also trotz der häufigen Schnee-, Graupel - und Regenschauer nur die Hälfte des zu erwartbaren Niederschlags gefallen. Die uns betreffende eiskalte Luft kam zunächst aus dem kontinentalen Nordosten und später von Nordwesten her aus den Polarregionen.
Im unten dargestellten Thermopluviogramm sieht man die Abweichung der Monatsmitteltemperaturen in Grad Celsius und die Abweichung des Niederschlags in Prozent vom langjährigen Mittel 1901 bis 2000. Im Vergleich war der April 2021
einerseits temperaturmäßig im Durchschnitt, andererseits aber
gleichzeitig ungewöhnlich trocken. In dieser Kombination gab es das
zuletzt im April 1982. Die Aprilmonate der letzten Jahre waren oft das Gegenteil. Entweder zu warm und zu trocken (2018 und 2020) oder zu warm und zu nass (2014, 2016 und 2017).
Bis Mitte des Monats gab es eine Reihe von Nachtfrösten und sogar ein paar Rekorde. Die ersten Kälterekord wurden gleich in der ersten Aprilwoche aufgstellt. Am Morgen des 7. April lagen die Tiefstwerte in Österreichs Süden bei -8 bis -6 Grad. Minus 6,7 Grad waren es am Grazer Flughafen, die tiefste je gemessene Temperatur in einem April in Graz. Außergewöhnlich war auch der Wechsel von Sommer auf Winter, hier am Beispiel Lavanttal in Kärnten. In St. Andrä wurde am 31.3. der früheste Sommertag in der Messgeschichte registriert (25,5 Grad), eine Woche später gab es am 7.4. einen neuen Kälterekord (-6,8 Grad). Es ging in der Tonart weiter: Die Nacht vom 8. auf den 9. April war die kälteste Aprilnacht in Bad Mitterndorf (-11,8 Grad, Messbeginn 1963), Windischgarsten (-9,9 Grad, 1940) und Zeltweg (-8,9 Grad, 1962). Richtig zapfig wurde es dann nochmals Mitte des Monats. Am Grazer Flughafen wurden am 15. April morgens -6 Grad gemessen. Das ist für die dortige Station der tiefste Wert in der zweiten Aprilhälfte (Messbeginn 1939).
Diese vielen Frosttage (Minimum unter null Grad) schlagen sich auch in der Bilanz zu Buche. In Salzburg und Innsbruck wurden in diesem April Rekorde bei den Frostnächten erreicht bzw. eingestellt. Am Salzburger Flughafen sank das Thermometer insgesamt 11 Mal unter 0 Grad (alter Rekord 11 Frosttage, 1982), in der weiter in der Stadt gelegenen Station Salzburg Freisaal immerhin 8 mal (alter Rekord 7, 1997). Am Innsbruck Flughafen wurden 11 Frosttage gezählt und damit der alte Rekord aus dem April 1997 gebrochen (10 Frosttage, Mesbeginn 1964).
Ein Wort noch zum Schnee. Dieser waren vor allem in der ersten Monatshälfte noch Thema. Alle Hauptstädte wurden in diesem April noch einmal weiß. In Bregenz und Salzburg (6.4.) passiert Aprilschnee statisitisch gesehen alle drei Jahre. Abseits von den Bergen ist das schon seltener. In Linz lag das erste Mal seit 24 Jahren in einem April eine messbare Schneedecke (7.4.). In Wien lag am 8.4. Schnee, das erste Mal seit dem April 2013. Zusammengetragen wurden diese Rekorde von wetterblog.at.
#Aprilschnee ist in #Innsbruck (geschlossene Schneedecke) selten geworden. In den letzten 20 Jahren nur in den Jahren 2001, 2003, 2008, 2015 und zuletzt 2017. Von 1971-2000 gab es hingegen im Schnitt jedes Jahr im April 1,9 Tage mit Schnee.
— Clemens TZ (@alpen_wetter) April 13, 2021
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Die Schäden in der Landwirtschaft sind durch den strengen Frost und den Schnee enorm und besonders betroffen waren und sind die Obstkulturen im Südosten Österreichs. Aber auch in anderen Ländern wie Frankreich, der Schweiz, Deutschland und Italien wurde von Schäden berichtet. Dabei war aber die Kälte mitsamt Nachtfrösten und Schnee nur ein Teil des Problems. Die außergewöhnliche Wärmeperiode Ende März und Anfang April war für das rasche Voranschreiten der Blüte verantwortlich, zu einem Zeitpunkt, zu dem die Obstkulturen noch gar nicht blühen sollten. Hier grüßt dann der Klimawandel, durch den manche Wetterlagen eben noch extremer werden.
Den Preis zahlen wir Konsument*innen dann im Herbst wenn es statt Marillen, Zwetschken und Äpfeln aus Österreich eben jene aus Frankreich, Italien, Spanien, Ägypten oder Neuseeland gibt.
Obstbau im frühlingshaften Tirol. Einerseits schützen große Vliesdecken die Keimlinge vor dem Frost, andererseits soll die weiße Farbe die Stämme der Obstbäume kühlen und ein frühes Austreiben verhindern. Ein Spagat, der die Landwirt*innen jedes Jahr aufs Neue blüht. Und egal, ob es ein zu kühler oder ein extrem warmer Monat ist, denn die Extreme nehmen zu. Einerseits wird es immer früher warm, gleichzeitig drohen weiterhin bis Mitte Mai Nachtfröste. |
Übersichtskarten der ZAMG
the new normal - die neue Normalität
Ein Thema, dass bei Diskussionen und Forschungen über den Klimawandel immer häufig vorkommt, ist die Verschiebung der Extremwerte. Ein wärmeres Klima bedeutet nicht zwangsläufig, dass es gar keine kalten Monate mehr geben kann. Der Klimawandel bedeutet, dass extreme Ereignisse nach wie vor vorkommen, aber vor allem, dass sich die Norm, also der Mittelwert deutlich verschiebt.
Ed Hawkins, Klimaforscher an der Universität Reading, hat das letztens gepostet. Die Grafik stammt ursprünglich von der NASA.
What was unusually warm in the 1950s is now normal.
— Ed Hawkins (@ed_hawkins) May 3, 2021
What was extremely warm in the 1950s is now just unusual.
What was impossibly warm in the 1950s is now possible.
From: https://t.co/EJAaXdfc6Q pic.twitter.com/QBqgYq0oYf
Darauf weist der IPCC, also der Weltklimarat, bereits seit 20 (!) Jahren hin. Diese Grafik stammt aus dem IPCC-Bericht 2001 und wurde 2012 nachbearbeitet und wieder publiziert (z.B. hier) .
Klimawerte Tirol (ZAMG)
Niederschlagsabweichung |
-64% |
Temperaturabweichung |
-2.5 °C |
Abweichung der Sonnenscheindauer |
-1% |
Temperaturhöchstwert |
Innsbruck-Uni. (578 m) 24.8 °C am 1.4. |
Temperaturtiefstwert (Gipfel/Hochalpin) |
Brunnenkogel (3437 m) -24.6 °C am 7.4. |
Temperaturtiefstwert unter 1000 m |
Ehrwald (982 m) -10.5 °C am 6.4. |
höchstes Monatsmittel der Lufttemperatur |
Innsbruck-Uni. (578 m) 8.2 °C, Abw. -2.1 °C |
höchste Sonnenscheindauer |
Virgen (1212 m) 219 h, Abw. +18 % |