Direkt zum Hauptbereich

Aktuelles zur Schnee- und Lawinensituation in den Alpen

Die Seite des Lawinenwarndienstes für Tirol muss dieser Tage wohl eine besonders hohe Zugriffsrate haben. Praktisch in allen Lebensbereichen sind Menschen in Tirol (und Vorarlberg) von den derzeitigen Wetterzuständen betroffen. Von umstürzenden Bäumen bedrohte und somit gesperrte Bahnverbindungen (Wörgl-Saalfelden), aufgrund der Lawinengefahr gesperrte Straßen und Bahnen (Arlbergstrecke), Stromausfälle, nicht erreichbare Wintersport(und somit Toursimus-)orte, Lawinenabgänge mit oder ohne Beteiligung von Personen, ... Und die Liste ließe sich noch weiter fortführen...

Rekorde?

Die Frage nach den Rekorden lässt da nicht lange auf sich warten. Natürlich sind es extreme Mengen, die da am Arlberg zusammengekommen sind, diese sind aber für den Jänner nicht unüblich. Trotzdem sind es Mengen, die im Jänner das letzte Mal vor 30 bis 60 Jahren nicht vorgekommen sind. Manfred Bauer von der ZAMG Tirol weiß:

"Überhaupt hat es in Tirol in einigen Orten so viel geschneit, wie seit Jahren nicht mehr. „An einigen unserer Wetterstationen wurde in den letzten 30 Jahren nicht mehr so viel Schnee im Jänner gemessen, in Nauders und Galtür sogar in den letzten 60 Jahren nicht“, weiß Manfred Bauer von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). [...] Die Neuschnee-Menge ist auf jeden Fall sehr ungewöhnlich, wie auch Bauer bestätigt: „Grob kann man sagen, dass solche Neuschnee-Summen in vier Tagen am Arlberg alle fünf bis zehn Jahre vorkommen. In einigen Regionen, wie Nauders, schneit es so viel in vier Tagen überhaupt nur alle 20 bis 25 Jahre.“ Quelle: tt.com

Logischerweise wirken sich solche Neuschneemengen mitsamt starkem Wind binnen kurz Zeit (4 Tage) auf die Infrastruktur aus, keine Frage. Sensationsmeldungen wie "Vorarlberg vom Rest Österreichs abgeschnitten" (derstandard.at , 09.01.2012 - inzwischen geändert), "Wo die Alpen-Schneemassen am gefährlichsten sind" (Fokusonline.de, 09.01.2012.) oder "Ist mein Ski-Urlaub jetzt in Gefahr?" (bild.de, 09.01.2012) lassen also nicht lange auf sich warten ...

Schneehöhen am 09.01.0800 MEZ (Klammer Rekordsumme und Jahr)

Schröcken 214 cm (Rekordgesamtschneehöhe für Jänner 300 cm, 1968)
Langen 196 cm (330 cm, 1968)
Seefeld 137 cm (179 cm, 1982)
St. Anton 125 cm (165 cm, 1968)
Obergurgl 112 cm (177, 1977)
Landeck 51 cm (75 cm,  1968)

Innsbruck 26 cm (75 cm, 1951)


Quellen: UBIMET, ZAMG



Im Detail

Zurzeit liegen auf Tirols Bergen (an den Messpunkten) über 150 cm Schnee, örtlich sind es knapp 400 cm. Einerseits gibt es durch den starken Wind abgewehte Hänge und Kämme, andernorts durch die Verfrachtungen noch größere Schneemassen. Genau das ist im Moment das Problem, das die Lawinenkommissionen täglich beschäftigt und die Lawinenwarnstufe 4 verursacht hat (Hinweis: Lawinenauslösung ist bereits bei geringer Zusatzbelastung (einzelner Skifahrer/Snowboarder) an zahlreichen Steilhängen wahrscheinlich. Fallweise sind spontan viele mittlere, mehrfach auch grosse Lawinen zu erwarten. Quelle: European Avalanche Warning Services)




Datenquelle:Lawinenwarndienst Tirol/tirol.gv.at/lawine


Wegen Lawinengefahr, Lawinenabgängen oder umgestürzter Bäume sind folgende Straßen gesperrt:
- Paznauntal Straße ab Kappl (Ischgl und Galtür nicht erreichbar)
- Lechtal Straße zwischen Häselgehr und Köglen (Umleitung über Griesau), Bach und Stockach (Umleitung) sowie zwischen Steeg und der Landesgrenze
- Reschenbundesstraße zwischen Pfunds und Nauders
- Spisser Landesstraße ab Pfunds (Samnaun isoliert)


Neben Gargellen, das bereits seit Sonntagmittag nicht mehr erreichbar war, gibt es nun auch keinen Zugang zu den Orten St. Gallenkirch, Gaschurn sowie Partenen (Quelle: orf.at).

Weitere Meldungen vom Montag, 9.Jänner:
  • Auch in der Landeshauptstadt (Innsbruck )waren Bewohner abgeschnitten – so musste die Höhenstraße wegen akuter Lawinengefahr gesperrt werden. Die Hungerburg war nur über die Hungerburgbahn erreichbar. Erstmals in seiner 50-jährigen Geschichte musste auch der Innsbrucker Alpenzoo am Sonntag aus Sicherheitsgründen seine Pforten geschlossen lassen.
  • Erstmals musste auch die Zufahrt zur Wildschönau zugesperrt werden – damit ist die Gemeinde zum ersten Mal in seiner Geschichte von der Außenwelt abgeschnitten.  Quelle: tt.com 
Und sogar bis in nach Großbritannien und die USA hat sich die Meldung verbreitet:

BBC NEWS: Heavy snow blankets West Austria region of Vorarlberg

Washington Post: Western Austria hit by heavy snow, major east-west rail route closed in Alpine region of Tyrol



Beliebte Posts aus diesem Blog

Tragisches Lawinenunglück

Heute Mittag hat sich ein tödliches Lawinenunglück am Sattelberg ereignet. Regelmäßige Leser dieses BLOGs kennen diesen Berg als Messstation des IMGI und daher als oft zitierte Datenquelle. Für viele Sportbegeisterte ist er aber vor allem der erste Tourenberg der Saison: leicht erreichbar, meist schneesicher und einfach zu begehen. Es ist eigentlich undenkbar, dass dort eine Lawine abgeht. In diesem Fall war der Föhn zumindest mit Schuld an der Tragödie. Im gestrigen zweiten Blogposting erwähnte ich den Föhn der mit 108 km/h Spitze am unweit entfernten Kofel wirksam war. Der Sattelberg weist für heute und gestern Windspitzen bis zu 23,9 m/s (86 km/h) bzw 22,1 m/s (80 km/h) auf. Dadurch wurde das bißchen an Schnee, das gefallen war ziemlich verweht. Am Gipfel des Berges liegen somit praktisch nur mehr Schneereste, während sich hingegen im Luv  der verfrachtete Schnee über den bis dato schlecht verbundenn Triebschnee gelegt hat. Erwähnung fand dies auch im heutigen Lawinenlagebericht

Bodennebel in Innshruck

Bodennebel in Innsbruck ist sehr sehr selten. Bei der Nebelbildung geht es immer darum die bestehende Luftmasse soweit abzukühlen, dass sie den Taupunkt erreicht und kondensiert. Das passiert täglich hundertmal: allerdings in der Atmosphäre als Wolken. Dort reichen Aufwinde (beispielsweise an Berghängen) um Wolken zu bilden. Im Tal entsthet Nebel meist in der Nacht, wenn die dortige Luftmasse über Nacht abgekühlt wurde. Bei sternklarer Nacht und starker Auskühlung doch das beste Rezept, oder? Meist weht in sternklaren Nächten jedoch der Talauswind, der jegliche Nebelbildung unterbindet. Grund für den Talauswind sind Druckunterschiede zwischen Tal und Vorland aufgrund unterschiedlich temperierter Luftmassen. Das heißt nur wenn die Luftmassen im Tal und Vorland ausgeglichen sind, die Druckverteilung also flach ist, weht schwacher Wind im Tal. Und das passierte heute Nacht: Die Hänge sind schneebedeckt, und durch die Schneeschmelze ist die Talatmosphäre feucht. Dazu ist der Himmel aufgelo

Schneerekord in Österreich - oder nicht?

  Die Nordalpen versinken in Schnee. Innerhalb von nur 2 Tagen sind lokal über 150 cm Schnee gefallen. Aber ist das nun Rekord?