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bitterkalt

Abb. 1.: Sounding of snow! entnommen von (c) http://weather.uwyo.edu/upperair/sounding.html


Seit Tagen zittern die ersten Frühlingsboten unter einem Schneemantel und mancherorts wurden auch Eistage verzeichnet (Tmax unter 0°C). Laut Berechnungen der ZAMG bedeutet das derzeitige Wetter ein 10- (Schnee) bzw. 13-jähriges (Kälte) Ereignis für diese Zeit des Jahres.
Zusätzlich weht großwetterlagenbedingt seit Tagen Ostwind, der sogar für kräftige Böen (gestern und heute: 9 m/s = 33,5 km/h) gesorgt hat. Zum Vergleich: bei einem durchschnittlichen Föhntag werden im Tal um die 50 km/h Böen erreicht. Der Wind bringt dazu kalte, trockene Luft und das führt dazu, dass die aktuelle Lufttemperatur deutlich kälter wahrgenommen (gefühlt) wird, als sie in Wahrheit ist. In der Meteorologie spricht man hier von dem Windchill - Effekt (= Effekt der gefühlten Temperatur).
Nach diesem Rechner beträgt die gefühlte Temperatur -20 °C für -5 °C und 33 km/h Wind. Nach der Wikipedia-Tabelle (andere Formel) sinds -14 °C. Kein Wunder, dass man an ein Day-After-Tomorrow-Szenario denkt wenn man seine Mittagspause im Freien verbringen will oder einem auf dem Weg zur Arbeit beißender Wind ins Gesicht bläst (vom Kondenswasser an der Nasenspitze einmal abgesehen). Eine Tatsache, die einem perfekt ausgebildeten Meteorologen, der seine Arbeitszeiten und Arbeitsorte stets nach den dominierenden Windrichtungen richtet, natürlich nicht passiert.
Der Windchill wird dadurch erreicht, dass die vom menschlichen Körper produzierte Wärme (100W) durch den Wind sofort abgeführt wird. Der Körper heizt sozusagen ins Leere. Da der Mensch kein schützendes Fell (mehr) hat sondern 'nur' Winterjacken spazieren führt, spürt man diesen Effekt. Dazu kommt noch, dass bei solchen Stresssituationen die gesamte Energie auf den Mittelpunkt des Körpers konzentriert wird. Kopf - und da vor allem die Nasenspitze - , Füße und Hände liegen davon am weitesten entfernt. Das ist zwar Volksschul- (oder wie man in Germanien sagt: Grundschul)-wissen, aber dennoch nie außer Acht zu lassen. Männer mit Bärten (Hägar) sind da klar im Vorteil :-)

Ein paar Worte noch zum Pulverschnee:Am besten wachsen die Schneekristalle zwischen -12 °C und - 14 °C. Die herrlichen 6-strahligen Kristalle (Dendriten) finden bei diesen Temperaturen die besten Voraussetzungen für ihr Wachstum (für die, die es genau wissen wollen: Bergeron - Findeisen - Prozess, Sättigungsdampfdruckgradient, ...).
Schaut man sich dazu das heutige Sounding an (Abb. 1.), so erkennt man die feuchte Schicht von 600 hPa abwärts (Temperatur und Taupunkt kleben sozusagen aneinander) und siehe da: es sind zwischen 600 hPa und 700 hPa ein paar Grad unter -10 °C. Die Schneekristalle durchqueren dann auf ihrem Weg zum Boden ausschließlich Luftschichten unter 0 °C. Das ist einerseits gut weil sie dann nicht schmelzen. Andererseits ist es schlecht, weil sie sich dadurch weniger miteinander verbinden und 'klein' bleiben.
So sammeln sich die Schneekristalle am Boden und da der Wind stark weht und es unter Null Grad hat setzt sich der Schnee nur langsam und wird außerdem stark verfrachtet.
Das stellt wiederrum die Messgeräte und somit die Metrologie auf die harte Probe: über den knapp 50 cm² großen Öffnungskreis weht es die Schneeflocken drüber oder vorbei. Und die 24 - stündige Messung ergibt dann oft ein paar Zehntel mm an Wasseräquivalent - dafür aber 5 cm Neuschnee ...
Weitere Ausführungen sind in meiner Diplomarbeit nachzulesen :-)

Und zum Schluß - gute Aussichten:
Bei frostigen Temperaturen - und Taupunkten noch jenseitiger davon - gibts keine Chance, dass der Schnee schmilzt. So bleibt der Schnee 'fluffig', um es in der RTL-Sprache auszudrücken.
Für die Winterfreunde heißt das: beste Voraussetzungen für eine lange Tourensaison!

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