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Föhn is over

Ein wettertechnisch sehr ereignisreiches Wochenende liegt hinter uns. Tief Xynthia (Abb. 1) sorgte auf seinem Weg von Spanien über Frankreich nach Deutschland für hohe Windgeschwindigkeiten (228 km/h in Orduna/Baskenland) und Flutwellen (franz. Atlantikküste) und somit zu zahlreichen Schäden und leider auch Menschenleben (Berichte auf wetter24.de, im Blog von MS und auch auf wiki).


Abb. 1: Bodenwetterkarte vom 28.02.2010 06 UTC (entnommen aus dem Archiv von wetter3.de (c) DWD)

Im Alpenraum war es einer der heftigsten Föhntage der jüngeren Geschichte. Und entgegen anders lautenden Meldungen (wie hier zum Beispiel) erklärt sich Föhn in erster Linie nicht durch die schon längst überholte thermodynamische Theorie. Diese besagt, dass es auf der Leeseite eines Berges deshalb so warm wird, weil auf der Luvseite die Luft feuchtadiabtisch gehoben wird (also 0,67 K / 100m ) während sie trockenadiabatisch im Lee absinkt ( 1 K / 100 m). Der Unterschied in der Temperatur sei somit auf die Kondensationswärme zurückzuführen. Nach diesem Ansatz, der auch noch in manchen Schulbüchern Verbreitung findet, müsste es beispielsweise in Südtirol immer regnen oder schneien damit es (bei Südanströmung) in Nordtirol Föhn gibt.
Das dem nicht so ist kann man anhand des gestrigen Föhnfalls glasklar erkennen (Abb. 2): auf der Alpensüdseite war es Samstag und Sonntag genauso knochentrocken wie nordseitig (so wie in 50 % aller Fälle für Innsbruck beobachtet).


Abb. 2: Satellitenbild vom 28.02.2010 um 945 UTC (entnommen von http://saturn.unibe.ch)

Es muss daher einen anderen Grund für den Föhn geben. Die hydraulische Theorie gibt darüber Aufschluß: sie wurde in Innsbruck (von Johannes v. Hann) bereits vor 150 Jahren angedacht und besagt, dass die Luft beim Auftreffen auf ein Hindernis 'gezwungen' wird über das Hindernis zu strömen (wie Wasser bei einem Stein in einem Fluß) und im Lee durch die durchs Überströmen ausgelöste Wellenbewegung (da unterscheiden sich Luft und Wasser nicht) absinkt.
Dadurch dass sich die überströmende Luft durch die (Alpen)täler zwängt, beschleunigt sie sich und starke Winde und auch Windspitzen sind die Folge. Die dadurch ausgelösten Druckschwankungen (minus 16 hPa innerhalb 24 Stunden) sorgen übrigens auch bei alteingesessenen TirolerInnen für Kopfschmerzen.

Die Luft, die in Innsbruck ankommt kommt bei Föhn meist aus etwa 2500 m, manchmal (Frühling, Sommer) auch höher. Am Radiosondenaufstieg von Sonntagnacht (Abb. 3) ist die trockenadiabatische Schichtung bis in diese Höhe deutlich zu erkennen. Die darüber liegende Südwestanströmung ist sogar durch eine Inversion getrennt und entkoppelt. Bei voller durchmischung mit 700 hPa wären theoretisch also 21 °C erreicht worden. Es ist im Übrigens sehr selten, dass der Föhn in der Nacht durchweht und somit die nächtliche Talatmosphäre trocken durchmischt ist.

Abb.3: Radiosondenaufstieg von Sonntag, 28.02.2010 um 03 UTC (entnommen von http://weather.uwyo.edu)

Betrachtet man den gestrigen Föhnfall so sind drei Dinge entscheidend für die immense Stärke des Föhns (Innsbruck 98 km/h, Sattelberg 120 km/h, Patscherkofel bis zu 155 km/h Böen) :
  • Tief Xynthia, das nördlich der Alpen vorbeizog, sodass dort (also im Lee) der Druck deutlich gesunken ist,
  • die Südwestanströmung, die für höheren Druck (Staudruck) im Luv sorgte und
  • die Lage des Jets diagonal über die Alpen.
Weitere (aus meteorologischer Sicht) interessante Details, von Felix zusammengetragen und zusammen mit Fotos auf der Wetterturnier-Seite gepostet:

[...] Bemerkenswert vor allem, dass der Föhn...
- von 27.02., 14 UTC bis 28.02., 19 UTC gedauert hat (29 Stunden!)

- von 27.02., 22 UTC bis 28.02., 16 UTC durchgehend Spitzenböen über 20 m/s gebracht hat (18 Stunden!)
- mit Spitzenböen von 98 km/h (Uni) bzw. 94 km/h (Flughafen) einherging
- bereits 10 km östlich von Innsbruck deutlich schwächer war. [...]


Abb. 4: Verlauf von Temperatur, Relativer Feuchte, Druck und Wind an der Unistation 27. und 28.02.2010 (c) IMGI

Die kommenden Tage ist nicht mehr mit Südföhn zu rechnen. Die großskalige Anströmung dreht auf West bis Nordwest und der Winter feiert ab Freitag ein Comeback.

P.S.: Die offizielle Beaufortskala definiert einen Orkan ab Windgeschwindigkeiten größer als 32,7 m/s oder 117 km/h (64 kn) - somit darf man das Föhnereignis (in den Bergen) als orkanartig bezeichnen und sturmhaft wäre mehr als untertrieben (ab 75 km/h) .

P.P.S.: Die Modelle erfassten die Wetterlage (und somit auch das Tief Xynthia) sehr gut. Bereits am Montag, 22.02.2010, prognostizierten die Modelle Niederschlagssummen 50 bis 100 mm auf der Iberischen Halbinsel sowie sehr starke Böen in Mitteleuropa (nachzulesen in meinen Posting vom Montag). Das Highlight der Niederschlagsmengen wurde am Flughafen von Hierro auf Frontera (Kanarische Inseln) gemessen: innerhalb von 48 Stunden fielen von Freitag 18 UTC bis Sonntag 18 UTC 115 mm (wetteronline.de) .

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