Direkt zum Hauptbereich

Extremer Schneefall in den Südalpen

 

Lienz am Samstag, 05.12.2020. Die Standln vom (nicht geöffneten) Christkindlmarkt werden von der Schneelast befreit. Bis Samstagmorgen fielen dort 40 cm nasser Neuschnee, danach ging der Schneefall immer häufiger in Regen über. Foto: Oblasser / tt.com

Das Mittelmeertief XUNAV hat dem Südalpenbereich (Südtirol, Osttirol, Oberkärnten) binnen weniger Stunden enorme Niederschlagsmengen gebracht. Von Freitagabend weg (04.12.) schneite und regnete es im Südstau der Alpen für mehrere Stunden ohne Pause. Je nach Intensität des Niederschlags pendelte die Schneefallgrenze zwischen den Tallagen und etwa 1.500 m. Der starke Wind auf den Bergen und die großen Schneemengen sorgen in den höheren Lagen für große (Stufe 4) bis sehr große (Stufe 5) Lawinengefahr, in Prägraten und Hopfgarten sind am Samstagabend bzw Sonntagmorgen bereits zwei Lawinen bis ins Siedlungsgebiet abgegangen. Außerdem sind in Osttirol noch tausende Haushalte von Stromausfällen betroffen. Im Raum Lienz sorgen hingegen die großen Regenmengen und der schwere, nasse Schnee für Probleme (Hochwasser, Überflutungen).

Am Samstagabend (05.12.) schneite es auch in Nordtirol gebietsweise recht kräftig, so kamen in Umhausen im Ötztal binnen 24 Stunden 80 cm Neuschnee zusammen (neuer Rekord, Messbeginn 1956), am Brenner waren es sogar 90 cm. Inzwischen liegen auf den Bergen Osttirols zwischen 160 und 200 cm Schnee, in höheren Tälern um die 120 cm und in den tieferen Lagen 30 cm.


Verlauf der Schneehöhenmessung in Obertilliach im Hinterer Lesachtal. Am Freitagabend/-nach schneite es durchwegs stark mit etwa 4 cm/Stunde und so ging es weiter. Samstagabend setzte sich die Schneedecke, es wurde auch wärmer und regnete. Heute Sonntag war es dann wieder reiner Schneefall (Quelle: HD Tirol)


--- Schneehöhen Sonntag, 06.12., Nachmittag (14:00 - 16:00) ---

199 cm Porzehütte (Osttirol)
178 cm Conny Alm (Osttirol)
164 cm Zettersfeld (Osttirol)
161 cm Dresdnerhütte (Nordtirol)
124 cm Obertilliach (Osttirol)
119 cm St.Jakob/Defereggen (Osttirol)
100 cm Sillian (Osttirol)
94 cm Wattener Lizum (Nordtirol)
90 cm Obergurgl (Nordtirol)
89 cm Kals (Osttirol)
84 cm Brenner
80 cm Seegrube (Nordtirol)
29 cm Lienz (Osttirol)

Betrachtet man sich die Niederschlagsmengen in Liter pro Quadratmeter (=Millimeter, mm), sprich den geschmolzenen Schnee, so kann man die verschiedenen Regionen (und Jahreszeiten) noch besser miteinander verlgeichen.

Bis Sonntagmorgen (06.12.) fielen in Kornat (K) 285 mm in 48 Stunden, der Rekord liegt hier bei 293 mm aus dem Oktober 2018 (Messbeginn 1948). In Lienz kamen im selben Zeitraum 210 mm zusammen, hier liegt der Rekord bei 258 mm aus dem November 1966 (Messbeginn 1880 !).

Schneehöhen Montag, 07.12., Morgen (06:00-08:00)

Montag 07.12.2020

OrtSeehöheSchneehöhe [cm]
Porzehütte1935 m224
Conny Alm2070 m219
Zettersfeld1903 m181
Dresdner Hütte2290 m174
Assling1918 m165
Oberhausalm1740 m156
Obertilliach1400 m147
Silian1081 m128
Obergurgl 1938 m110
Wattener Lizum1970 m99
Seegrube1921 m90
Umhausen1032 m86
Brenner1369 m83
Hintertux1501 m83
Maria Waldrast1590 m73
Kötschach-Mauthen709 m48
Schmirn1461 m45
Neustift1004 m43
Lienz668 m35
Navis1473 m33
Seefeld1182 m32
Dellach627 m25
Quelle: HD Tirol

Das Update der Daten vom Sonntag ergab dann schließlich neue 72h-Rekorde für Lienz, Sillian, Döllach und St. Jakob. Sieh Tabelle unten.

Ein Schneerekord, also ein Rekord der maximalen Schneehöhen wurde nur in St. Jakob / Defereggen aufgestellt. Noch nie lagen in einem Dezember mehr Zentimeter Schnee als in am 07.12.2020 (142 cm). Der alte Rekord lag bei 113 Zentimeter im Dezember 2008. Weitere Rekorde wurden nicht gebrochen, da vor allem in tieferen Lagen immer wieder auch Regen fiel, was sich natürlich negativ auf die Gesamtschneehöhe auswirkte.

Rekorde (Quelle: ZAMG)

Montag 07.12.2020 07 MEZ



OrtSeehöheRR 72 h [mm]
bisheriger Rekordwann aufgestelltBeginn d Messreihe
Kornat990 m364415Oktober 2018n.a.
Lienz668 m298259November 19661880
Silian1081 m294225Oktober 20181948
Döllach1011 m238209November 20191926
St Jakob1383 m225212August 19661948








Quelle: ZAMG




Nach einem Tag Verschnaufpause hat es am 8. und 9. Dezember weitergeschneit. Am Morgen des 09.12. (Mittwoch) waren es in Obertilliach 167 cm, in Sillian 136 cm, in St.Jakob 130, in Kals 105 cm und in Lienz 69 cm. Nun fragt man sich ob es nicht vielleicht bei den Stationen des Hydrografischen Dienstes noch Rekorde gab? Für die Gesamtschneehöhe bedeuten die rund 170 cm in Obertilliach einen neuen Dezemberrekord, zumindest seit 1970 (so lange liegen Daten öffentlich vor). Bisher war hier das Dezembermaximum 160 cm im Dezember 1979.

Für das gesamte Jahr ist das aber kein Rekord, im Februar und auch im März 2014 wurden hier mehr als 200 cm gemessen..

Auswertung der Station Obertilliach von 1895 bis 2018/19. Dargestellt sind die maximalen Schneehöhen eines Winterhalbjahres. Auf den ersten Blick fällt schon auf, dass eine Schneehöhe von 200 cm gar nicht so lange her ist. In den Daten des HD Tirol ist der März 2014 zu finden mit einer maximalen Schneehöhe von 213 cm. Quelle: Andre, K (2019b)

 

Weitere Infos:

Andre, K.; Koch, R.; Olefs, M (2019a): Analyse von Schneemessreihen des HD Tirol -Vergangenheit, Bericht 65 pp  https://www.tirol.gv.at/fileadmin/themen/umwelt/wasserkreislauf/Studien/Report__FuSE__HD_Tirol_red.pd
 
Andre, K.; Koch, R.; Olefs, M (2019b): Analyse von Schneemessreihen des HD Tirol -Vergangenheit, Anhang 190 pp https://www.tirol.gv.at/fileadmin/themen/umwelt/wasserkreislauf/Studien/Report__FuSE__HD_Tirol_red_Anhang.pdf

https://www.zamg.ac.at/cms/de/wetter/news/einzelne-niederschlags-und-schneerekorde

https://www.zamg.ac.at/cms/de/wetter/news/niederschlagsmengen-stellenweise-im-rekordbereich

https://tirol.orf.at/stories/3079327/ 

https://tirol.orf.at/stories/3079334/

https://tirol.orf.at/stories/3079474/

Beliebte Posts aus diesem Blog

Tragisches Lawinenunglück

Heute Mittag hat sich ein tödliches Lawinenunglück am Sattelberg ereignet. Regelmäßige Leser dieses BLOGs kennen diesen Berg als Messstation des IMGI und daher als oft zitierte Datenquelle. Für viele Sportbegeisterte ist er aber vor allem der erste Tourenberg der Saison: leicht erreichbar, meist schneesicher und einfach zu begehen. Es ist eigentlich undenkbar, dass dort eine Lawine abgeht. In diesem Fall war der Föhn zumindest mit Schuld an der Tragödie. Im gestrigen zweiten Blogposting erwähnte ich den Föhn der mit 108 km/h Spitze am unweit entfernten Kofel wirksam war. Der Sattelberg weist für heute und gestern Windspitzen bis zu 23,9 m/s (86 km/h) bzw 22,1 m/s (80 km/h) auf. Dadurch wurde das bißchen an Schnee, das gefallen war ziemlich verweht. Am Gipfel des Berges liegen somit praktisch nur mehr Schneereste, während sich hingegen im Luv  der verfrachtete Schnee über den bis dato schlecht verbundenn Triebschnee gelegt hat. Erwähnung fand dies auch im heutigen Lawinenlagebericht

Bodennebel in Innshruck

Bodennebel in Innsbruck ist sehr sehr selten. Bei der Nebelbildung geht es immer darum die bestehende Luftmasse soweit abzukühlen, dass sie den Taupunkt erreicht und kondensiert. Das passiert täglich hundertmal: allerdings in der Atmosphäre als Wolken. Dort reichen Aufwinde (beispielsweise an Berghängen) um Wolken zu bilden. Im Tal entsthet Nebel meist in der Nacht, wenn die dortige Luftmasse über Nacht abgekühlt wurde. Bei sternklarer Nacht und starker Auskühlung doch das beste Rezept, oder? Meist weht in sternklaren Nächten jedoch der Talauswind, der jegliche Nebelbildung unterbindet. Grund für den Talauswind sind Druckunterschiede zwischen Tal und Vorland aufgrund unterschiedlich temperierter Luftmassen. Das heißt nur wenn die Luftmassen im Tal und Vorland ausgeglichen sind, die Druckverteilung also flach ist, weht schwacher Wind im Tal. Und das passierte heute Nacht: Die Hänge sind schneebedeckt, und durch die Schneeschmelze ist die Talatmosphäre feucht. Dazu ist der Himmel aufgelo

Schneerekord in Österreich - oder nicht?

  Die Nordalpen versinken in Schnee. Innerhalb von nur 2 Tagen sind lokal über 150 cm Schnee gefallen. Aber ist das nun Rekord?